Stellungnahme und Pressemitteilung 4.4.2022: Was hat Massage und Körperarbeit mit Frieden zu tun?

Das jährliche Treffen des Arbeitskreises Berufspolitik der körperbezogenen Methoden wurde überschattet von der aktuellen weltpolitischen Lage und den Schrecken des Krieges in der Ukraine. Die Gefühle dazu reichen von Entsetzen über Angst, Wut, Fassungslosigkeit, bis zu Trauer und Hilflosigkeit. Der Wunsch zu helfen, ist groß und die Frage stand und steht im Raum, was wir als Verbände und Schulen, deren Kompetenzen in den Bereichen der Körperarbeit und Begleitung von Menschen liegen, tun können? Können und sollen wir unsere Tätigkeit und unser Leben ganz normal weiterführen? All diese Gedanken und Überlegungen wurden in diese eine Frage gefasst:

Was hat Massage und Körperarbeit mit Friedensarbeit zu tun?

Der nun folgende Text ist eine Zusammenfassung der Überlegungen aus den einzelnen Verbänden und Schulen.

Derzeit geschieht ungeahntes Leid inmitten Europas, in der Ukraine, und es ist das leibliche und geistige Wohl von Millionen Menschen bedroht. Wir erkennen die Verantwortung, dafür zu sorgen, den eigenen inneren Frieden zu fördern und zu bewahren, um handlungsstark sein zu können.

Unser Alltag ist oft vom Funktionieren-müssen geprägt. Das hat Einfluss auf das Verhältnis zu unserem Körper. Wir nutzen ihn den überwiegenden Teil als Vehikel, um unterschiedliche Ziele zu erreichen, dieses oder jenes zu erledigen oder auch vielfältigen Vergnügen nachzugehen. In der aufmerksamen Körperarbeit, welcher Form auch immer, geben wir uns Stille, Raum und Zeit. Wir setzen uns mit unserem Körper, unseren Verhaltensmustern und Wahrnehmungsprozessen auseinander.

Das Wahrnehmen, Lauschen und Spüren rückt in den Vordergrund. Wir erlauben uns, uns selbst zu spüren und laden eine Haltung des Annehmens ein, indem wir das Fordern und Verändern wollen loslassen. Wir lernen wahrzunehmen, dass sich Prozesse in und um uns herum verändern. In der Arbeit mit dem Körper spielen Rhythmus und Gleichklang eine große Rolle. Fließen in der Bewegung und Berührung, fließen mit dem Atem. Im Fließen äußern sich u.a. Phänomene wie Stetigkeit, Lebendigkeit und Veränderung. Im Uns-selber-spüren bewegen wir uns hinein in ein immer tieferes Ja zu uns selbst, zur eigenen Gestalt, zur eigenen Geschichte und letztendlich zum Leben, wie es gerade ist. Wir tauchen ein in unser Menschsein. Mit diesem Verständnis unserer eigenen Existenz, können wir in ein Verstehen und Annehmen unserer Um- und Mitwelt wachsen, mit allem was darin existiert.

Im Raum der stillen Annahme können wir Stärke und Frieden als uns inhärent erleben, in welche sich das mentale, emotionale und soziale Wahrnehmen hineinwebt. Aus diesem Gefühl der inneren Stärke und des inneren Friedens, können Antworten und Handlungsmöglichkeiten auftauchen, die wir vorher nicht gesehen haben.

Die Körperarbeit unterstützt das Wohlfühlen im eigenen Körper, die Entspannung in uns, den liebevollen Kontakt zu uns selbst und das, was uns umgibt. Körperarbeit lässt uns zu-frieden werden und vertieft den Kontakt zu unserem Herzen und den Herzen anderer. Durch die Verbindung zu uns selbst, ist es möglich, in eine Verbundenheit zu anderen Menschen zu gehen. Diese Verbundenheit stärkt die Resilienz, jene Widerstandskraft, die es den Menschen ermöglicht, Belastungen und schwierige Situationen auszuhalten und eine lebensmutige Haltung zu entwickeln.

In der Körperarbeit sehen wir die Menschen in ihrer Ganzheit. Wir unterstützen sie darin, weniger Schmerz und mehr Wohlbefinden, mehr Fließen und weniger Blockade, mehr Entspannung und weniger Stress, mehr Beziehung und weniger Isolation, mehr Mitgefühl und weniger Verurteilung, mehr Einsicht und weniger Verwirrung, mehr Rückhalt und weniger Angst, mehr inneren Frieden und weniger Zerrissenheit zu erfahren.

Körperarbeit ist Friedensarbeit im Kleinen. Es geht für uns darum, Friedensarbeit von innen nach außen zu vertiefen, um dann die Friedensarbeit nach außen zu tragen und in den Weiten sichtbar zu machen. Vom Kleinen zum Großen, denn Frieden in uns, kann Frieden um uns entstehen lassen.

Sollen wir also unsere Arbeit normal weiterführen? Ja, das sollen wir!
Wir können damit eine Haltung des Friedens etablieren und Brücken bauen, was in Zeiten, in denen die Fronten verhärtet sind, wichtiger ist als jemals zuvor.

Wir alle hoffen auf ein baldiges Ende aller kriegerischen Handlungen. Doch bis dahin, lasst uns alles tun, was dazu beiträgt, den inneren Frieden und den Frieden in der Welt zu stärken.

Unterzeichner sind folgende Verbände und Schulen des Arbeitskreises Berufspolitik:

Alexander-Technik-Verband Deutschland
Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland
Body-Mind Centering® Verband glia
Feldenkrais-Verband Deutschland
Netzwerk für Aquatische Körperarbeit
Rolfing® Verband Deutschland
Internationales TouchLife Massage-Netzwerk
Institut für Kinesiologie und Ausbildung

Der „Arbeitskreis Berufspolitik“ ist ein Zusammenschluss von Verbänden und Schulen, deren inhaltliche Schwerpunkte in körperbezogenen Methoden liegen. Seit 2006 finden regelmäßig jährliche Treffen zum Informationsaustausch statt. Der gemeinsame Nenner ist die Arbeit mit Menschen, wobei auf unterschiedliche Weise dem Körper besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der AK Berufspolitik versteht sich als unterstützendes Forum, in dem Fragen, die die Ausübung der jeweiligen Methoden betreffen, offen diskutiert werden können, um Gemeinsamkeiten ebenso wie Unterschiede in den Methoden herauszuarbeiten. Themen sind u.a.

  • (Weiter-) Entwicklung eines ganzheitlichen Gesundheitsbegriffes
  • Vernetzung der Methoden/Verbände durch kollegialen, gleichberechtigten Dialog
  • Austausch von Informationen, Rechtsgrundlagen zur Berufsausübung etc.
  • Gegenseitige Einladungen zu Kongressen, Tagungen
  • Diskussion und Demonstration der praktischen Arbeit, um ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Ansätze zu erhalten
  • Gemeinsamer politischer Dialog, um Anerkennung und freie Berufsausübung zu gewährleisten